100 Tage S-Bahnhof Julius Leber-Brücke: Da ist Schmalhans Baumeister

Der neue S-Bahnhof Julius-Leber-Brücke ist wichtig für Schöneberg. Wie erwartet wird er gut angenommen. Seit dem Jahr 1984 wurde der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten S-Bahnhofs Kolonnenstraße diskutiert. 1991 kündigte der Senat auf eine Anfrage des verkehrspolitischen Sprechers von Bündnis 90/Die Grünen Michael Cramer an, das Planfeststellungsverfahren für den S-Bahnhof Kolonnenstraße einzuleiten. Alle zwei Jahre wurden diese Versprechungen durch den Senat und/oder die Deutschen Bahn AG wiederholt. Fördermittel verfielen, passiert ist bis zum November 2006 nichts.

Doch nicht für alle Fahrgäste ist der Bahnhof über drei Monate nach Eröffnung bequem und ohne Barrieren nutzbar. Menschen mit Behinderungen werden abgehängt. Nachdem viele Jahre nichts geschah, wurde der S-Bahnhof nun errichtet und Anfang Mai 2008 eröffnet – als Provisorium.
Er weist auch 100 Tage nach seiner Eröffnung immer noch viele Missstände und Unzulänglichkeiten auf. Viele bauliche und gestalterische Elemente, die Menschen mit Behinderungen die Nutzung des Bahnhofs erleichtern bzw. ermöglichen sollen, sind bereits falsch ausgeführt, gefährlich und verstoßen gegen die geltenden – und auf anderen S-Bahnhöfen wie dem Süd-kreuz problemlos umgesetzten – Standards des barrierefreien Bauens. Fahrstühle und Rolltreppen sind frühestens zum Jahresende fertig. Wir befürchten, dass jetzt nach dem Motto „Augen zu und durch“ zu Ende gebaut wird und die Fehler dann nicht mehr korrigiert werden!
Die Fußgängerbrücke wurde im Zuge der Bauarbeiten ersatzlos abgerissen. Auf einen neuen nördlichen Bürgersteig warten die Schöneberger bislang vergebens. Auch die Busse, die mit Eröffnung genau vor dem S-Bahnhof halten sollten, warten weit entfernt und hinter mehreren Ampeln. Fehlanzeige auch bei den Fahrradstellplätzen. Sie sucht man vergebens. Stattdessen ist die Brücke zugestellt.

Der Berliner Senat schiebt wie üblich alle Verantwortung für den S-Bahnhof nur auf die Deutsche Bahn AG. Doch es ist seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass Menschen mit Behinde-rungen, ältere Menschen, Familien mit Kinderwagen oder Fahrrädern den S-Bahnhof ohne große Hindernisse nutzen können.

Bündnis 90/Die Grünen fordern daher:

  • deutliche Beschleunigung des Fahrtreppen- und Fahrstuhleinbaus,
  • sofortige Nachbesserung/Beseitigung der Fehlplanungen und fehlerhaften Ausführung zugunsten einer wirklichen Barrierefreiheit noch während der laufenden Bauarbeiten,
  • schnelle Eröffnung des nördlichen S-Bahnzugangs inkl. des dafür notwendigen Bürgersteigs,
  • Verlegung der Bushaltestellen direkt vor die S-Bahnzugänge,
  • Fahrradstellplätze in unmittelbare Nähe zum S-Bahnhof.

Es ist höchste Zeit, dass Senatorin Junge-Reyer einen barrierefreien, fahrgastfreundlichen und optimal mit dem Umweltverbund vernetzten S-Bahnhof Julius-Leber endlich zur Chefsache macht. Es genügt nicht, mit viel Getöse nur den Grundstein für den wichtigen S-Bahnhof zu legen und ansonsten die Dinge treiben zu lassen. Denn gute Politik erkennt man daran, gerade nicht an Leistungen für die Menschen zu sparen, die sich am wenigsten wehren können.

zurück

#otto_direkt