35 Jahre Deutsche Einheit in Berlin

09.10.25 – von Andreas Otto –

Rede zum Entschließungsantrag "35 Jahre Deutsche Einheit in Berlin"

Faktisch begann die Wiedervereinigung am 9. November 1989, als die Berliner Mauer aufging. Als die Schlagbäume geöffnet wurden, als sich Berlinerinnen und Berliner aus Ost und West begegneten, sich besuchten, gemeinsam feierten. Das war der Start für das neue, das gemeinsame Berlin, in dem wir alle heute gerne leben und über das wir uns jeden Tag freuen dürfen.

Voraus ging dem der 3. Oktober als kleines Finale großer historischer Ereignisse: Die ersten freien Wahlen in der DDR im März 1989, die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 1. Juli 1990, der Abschluss des 2+4 Vertrages der beiden deutschen Staaten mit den Alliierten des zweiten Weltkrieges am 12. September 1990. Der 3. Oktober ist das Datum des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland. Seit diesem Tag gibt es nur einen deutschen Staat. Der 3. Oktober war gleichzeitig auch ein Startpunkt für den Prozess der Vereinigung. Von Deutschland und von Berlin. 

Berlin ist das Speziallabor der Einheit. Hier wurden zwei Verwaltungen vereinigt. Hier mussten die Menschen nicht nur neue Strukturen, sondern auch eine andere Kultur unmittelbar erleben und sich irgendwie aneignen. 

Das wirkt bis heute nach. Spürbar beim Verkehrssystem, Autobahn und U-Bahn im Westteil der Stadt, Straßenbahn und Trabbis im Ostteil. Bis heute haben wir keine breite politische Einigung darüber, wie das Verkehrssystem der Zukunft aussehen soll.  Oder denken wir an unsere Opern, an Zoo und Tierpark – alles Erbe der Teilung mit allen guten und schwierigen Seiten. 

In der Wirtschaft haben sich riesige Umwälzungen ab 1990 abgespielt. Betriebe im Ostteil gingen Pleite, weil ihre Produkte nicht konkurrenzfähig waren. Privatisierungen erfolgten - in vielen Fällen eher an Glücksritter, als an ehrliche Kaufleute. Gefehlt haben Chancen für Ostdeutsche, Ihre Betriebe, ihre Wohnhäuser selbst zu übernehmen. Die meisten Ostdeutschen waren darauf nicht gut vorbereitet. Und die Treuhand hat in dem Sinne keinen Auftrag gehabt. Auch im Westteil verließen Anfang der 90er viele Firmen die Stadt, weil die besondere Berlinförderung durch die Bundesregierung in Bonn runter gefahren wurde.
Was wir gerade heute wieder brauchen für die Wirtschaft in der Stadt ist mehr Gründungskultur, mehr Vertrauen in die eigenen Stärken. 

Die Ostdeutschen haben sich am 18. März bei der Volkskammerwahl bewusst für die Vereinigung entschieden. Dass eine Vereinigung zweier Gesellschaften, zweier Verwaltungen, zweier Volkswirtschaften auch Probleme bringt, war da nicht allen klar. Bis heute fehlen Ostdeutsche in Leitungspositionen von Verwaltung und Institutionen oder als WirtschaftslenkerInnen in Dax-Konzernen.  Der Berliner Senat macht da eine rühmliche Ausnahme. Das möchte ich an der Stelle einmal positiv hervorheben. 

Ich werde oft gefragt, ob die historischen Ereignisse nach so langer Zeit überhaupt noch wichtig sind. Ich denke, sie sind wichtig. Die historischen Ereignisse, an die wir uns hier erinnern sind ein Teil der Geschichte unserer Demokratie. Heute ist der 9. Oktober. Am 9. Oktober 1989 hat die Friedliche Revolution gewonnen.  Die SED hat in Leipzig aufgegeben. Der 9. Oktober ist ein guter Tag, um über die friedliche Revolution, über die deutsche Einheit und vor allem – den Wert von Demokratie zu sprechen. Ich denke, er könnte sogar der bessere Feiertag werden. 

 


Antrag Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen auf Annahme einer Entschließung "35 Jahre Deutsche Einheit in Berlin"

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD auf Annahme einer Entschließung "35 Jahre Deutsche Einheit"

Antrag der Fraktion Die Linke auf Annahme einer Entschließung "35 Jahre Deutsche Einheit – Chancen, Herausforderungen und gemeinsamer Auftrag für Berlin"

Antrag AfD-Fraktion auf Annahme einer Entschließung "35 Jahre Deutsche Einheit"

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Aufarbeitung DDR | im Parlament | Reden